Rot-Weiss Essen hat mit Jimmy Kaparos, Tom Moustier, Ramien Safi und jüngst Dion Berisha vier Spieler aus der Regionalliga verpflichtet. Hinzu kommen Tobias Kraulich und Michael Schultz von den Liga-Konkurrenten Dynamo Dresden beziehungsweise Viktoria Köln sowie Robbie D'Haese aus Belgien.
Einen Spieler aus dem oberen Regal, also zum Beispiel aus der 2. Bundesliga, konnte RWE noch nicht präsentieren. Dafür gibt es einen Grund - der ist von finanzieller Natur.
Klar: Die sportliche Führung um Sportdirektor Christian Flüthmann, Direktor Profifußball Marcus Steegmann und Trainer Christoph Dabrowski führt seit Monaten unzählige Gespräche mit potentiellen neuen RWE-Spielern, um die Mannschaft zu verstärken. Da sind natürlich auch Profis aus der 2. Bundesliga dabei.
Beispiele gibt es einige: Ahmet Arslan (1. FC Magdeburg) und Florian Dietz (1. FC Köln) sind hier zu nennen. Und ein jüngster Fall: Wie RevierSport erfuhr, sagte Kaan Caliskaner am Dienstagmorgen (9. Juli) Rot-Weiss Essen ab.
Der 89-malige Zweitliga-Stürmer, der noch bis zum 30. Juni 2025 in Diensten von Eintracht Braunschweig steht, war sich nach unseren Informationen mit den RWE-Verantwortlichen eigentlich einig. Eigentlich.
Wir haben eine intern definierte Schmerzgrenze, was wir bereit sind, für einen Spieler im Gesamten zu bezahlen. Wir sind aktuell nicht bereit, diese Grenze zu überschreiten, da wir am Ende einen ausgewogenen Kader mit einem klaren Gefüge haben möchten.
Marcus Steegmann
Denn einen Haken gab es noch: Dem 24-Jährigen, den RWE-Trainer Dabrowski sehr gerne in seiner Mannschaft gesehen hätte, lag auch ein finanziell attraktiveres Angebot aus Polen vor.
RWE sollte die Gehaltsdifferenz mit einem, nennen wir es mal, Handgeld ausgleichen. Im Gespräch sollen 50.000 Euro gewesen. Dazu waren die Essener aber nicht bereit. Konsequenz: Der 1,92 Meter große Mittelstürmer, der mit seiner Freundin in Köln zuhause ist, wechselt in die Ekstraklasa, statt in die deutsche 3. Liga nach Essen.
Das Interesse an Caliskaner bestätigte Steegmann gegenüber RevierSport, das geforderte Handgeld wollte er aber weder bestätigen noch dementieren.
Steegmann gegenüber RS: "Wir haben einen Personaletat, mit dem wir planen und der im Vergleich zur Vorsaison leicht erhöht wurde. Und wir haben eine intern definierte Schmerzgrenze, was wir bereit sind, für einen Spieler im Gesamten zu bezahlen. Wir sind aktuell nicht bereit, diese Grenze zu überschreiten, da wir am Ende einen ausgewogenen Kader mit einem klaren Gefüge haben möchten. Wir haben in der letzten Saison gesehen, was mit einer Mannschaft, die vor allem im Kollektiv stark ist, möglich ist. Nichtsdestotrotz wollen und müssen wir uns weiter verstärken, um eine schlagkräftige Mannschaft an den Start zu bringen."
Dieses Beispiel zeigt die ganze Problematik von Rot-Weiss Essen bei größeren Transfers auf. RWE hat als Drittligist einige Argumente: eben die 3. Liga, die Tradition, die heißblütigen Fans, die moderne Infrastruktur und einen Trainer mit einer offensiven Spielidee. Und, klar: Das Gehaltsniveau schneidet im Liga-Vergleich ganz ordentlich da.
Aber: Spieler, die aus der 2. Bundesliga kommen oder gar noch höherklassig gespielt haben, interessieren solche Argumente oft nur beiläufig. Am Ende des Tages weiß der Spieler, was er in der 2. Liga verdient und möchte natürlich auf nur so wenig wie möglich bei einem eventuellen Arbeitsvertrag in Essen verzichten. RWE ist, wie im Fall Caliskaner, zumindest aktuell nicht dazu bereit, Gehaltseinbußen durch Handgelder auszugleichen.
Rot-Weiss Essen muss auf dem Transfermarkt einen langen Atem haben
So klar muss das auch gesagt werden: Ein Spieler wird vielleicht in der Regionalliga wegen der Fans und des Stadions nach Essen wechseln, aber nicht in der 3. Liga - und ganz zu Schweigen noch höher, sollte RWE irgendwann aufsteigen. Hier geht es oft vor allem ums Geld - schließlich ist Fußball ein Geschäft.
Bleibt auch festzuhalten: RWE muss sich bei eventuellen größeren Transfers Geduld beweisen. Erst wenn sich die Spieler verzocken und zum Ende des Sommer-Transferfensters nervös werden, kommt eine Option wie Drittligist Rot-Weiss Essen auch für Zweit- oder gar Erstligaspieler infrage. Vorher ist RWE für solche Leute nur eine "Option" - aber eher Option D statt Plan A, B oder C.
Wie sagte Marc-Nicolai Pfeifer bei seinem Amtsantritt als Vorstandschef von Rot-Weiss Essen noch: "Was mich auch in den Gesprächen mit den RWE-Verantwortlichen beeindruckt hat, ist, dass man hier mit Nachhaltigkeit erfolgreich sein will - ohne irgendwelche verrückten Dinge zu machen. Nicht jede teure Mannschaft ist erfolgreich, aber jede erfolgreiche Mannschaft ist teuer. Ich muss also ein gewisses Investment tätigen, um den nächsten Schritt zu gehen und Ziele auszuloben."